• März 2025
  • FVM News

Schöne Schulden oder fieses Finanzrisiko?

Weltweit sitzen die Staaten auf immer höheren Schuldenbergen. Droht da irgendwann ein Absturz? Und was bedeutet das für Anleger?

Kolumne von FVM-Geschäftsführer Claus Walter

100 Billionen Dollar. Diese gigantische Summe an Schulden haben laut Internationalem Währungsfonds alle Staaten der Welt zusammengenommen im vergangenen Jahr erreicht - ein neuer Rekord. Das sind rund 93 Prozent der jährlichen Weltwirtschaftsleistung - Tendenz steigend. Gut 35 Billionen Dollar und damit mehr als ein Drittel entfallen auf die USA - und kaum jemand glaubt, dass es dabei bleiben wird. Der amtierende US-Präsident agierte schließlich schon in seiner ersten Wahlperiode nicht gerade als Sparfuchs. Die bisher absehbaren Pläne für Steuersenkungen werden nicht annähernd von den angekündigten Zolleinnahmen oder Elon Musks Verwaltungseinsparungen ausgeglichen werden können. Die US-Verschuldung liegt heute schon bei rund 120 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Diese Quote wird wohl weiter steigen. Ist das ein Warnsignal? Und wie sieht es bei uns aus?

Sichere Hafen US-Staatsanleihen?
Zunächst einmal ist eine Verschuldung von 120 Prozent des BIP für eine starke Industrienation kein Drama. Selbst mit der Perspektive weiter steigender Ausgaben glauben die meisten, dass sie ihr Geld zurückbekommen. Amerikanische Staatsanleihen gelten als sicherer Hafen für Anleger und die amerikanische Volkswirtschaft als stärkste der Welt. Das wird sich sehr wahrscheinlich nicht von jetzt auf gleich ändern. Allerdings gibt es schon erste Zweifel, ob es auf Dauer gut gehen kann; die Konditionen für die US-Regierung könnten sich verschlechtern. Anders ausgedrückt: Die Investoren könnten bei einer weiter freigiebigen Finanzpolitik mehr Rendite wollen, weil sie das Risiko für größer halten. Auch in Europa wird die Lage der Staatshaushalte durchaus kritisch bewertet. Das gilt nicht nur für das einstige Sorgenkind Griechenland, das seine Schuldenquote seit dem Jahr 2020 von mehr als 200 Prozent des BIP immerhin auf rund 150 senken konnte. Insbesondere in Italien (rund 140 Prozent) und in Frankreich (etwas mehr als 110 Prozent) ist die Lage zumindest angespannt und der Ausblick nicht unbedingt rosig. Nur so zum Vergleich: Beim Start des Euro wurde eine Quote von 60 Prozent des BIP als Stabilitätsziel festgelegt. Eines der wenigen großen Länder Europas, die sich noch in diesem Bereich bewegen, ist Deutschland mit einer Schuldenquote von circa 64 Prozent. Auch hier deuten jedoch die Koalitionsverhandlungen darauf hin, dass unter anderem die Herkulesaufgabe einer europäischen Verteidigungspolitik mit mehr Schulden einhergeht. Was bedeutet das für Anleger?

Keine Panik, aber Vorsicht!
Noch spielt die Musik, und sie wird auch in Rom oder Washington nicht morgen stoppen. Hierzulande kann es ebenfalls durchaus Sinn machen, schuldenfinanziert die Herausforderungen einer neuen sicherheitspolitischen Lage zu stemmen oder die digitale Infrastruktur zu ertüchtigen, um die Voraussetzung für künftiges Wachstum zu schaffen. Staatsschulden sind volkswirtschaftlich nicht per se schlecht. Im besten Fall sinkt die Schuldenquote wieder, wenn die Konjunktur anspringt. Trotzdem sollte sich niemand Illusionen machen. Momentan leben viele Staaten deutlich über ihre Verhältnissen. Andert sich daran nichts, wird ihre Handlungsfähigkeit immer weiter beschränkt. Übersteigt der Verschuldungsgrad ein noch als vom Markt vernünftig angenommenes Maß, werden die Konditionen für neue Anleihen schlechter, und die Zinslast nimmt zu. Das könnte selbst eine Regierung Trump in absehbarer Zeit spürbar treffen. Warum sollten Anleger solche Themen im Auge behalten? Grundsätzlich führten steigende Renditen bei Anleihen in der Vergangenheit meist zu einer Dämpfung am Aktienmarkt. Außerdem wäre es theoretisch attraktiv für Staaten, das Schuldenproblem quasi über die Geldruckmaschine zu lösen. Eine Rückkehr der Inflation, die wir gerade wieder weitestgehend in den Griff bekommen, wäre die Folge. Und ganz grundsätzlich hilft es der Sicherheit von Währungen nicht, wenn die ausgebenden Staaten immer mehr Schulden anhäufen. Das heißt nicht, dass wir sofort mit dem Bankrott der USA, dem Ende des Euro oder der großen Finanzapokalypse rechnen müssen. Aber es unterstreicht die Wichtigkeit, einen langfristigen Vermögensaufbau auf verschiedene Säulen zu stellen. Wer breit verteilt zum Beispiel sowohl auf Aktien- als auch auf den Anleihenmarkt setzt, kann das Risiko streuen, durch die Folgen ausufernder Staatsverschuldung getroffen zu werden. Zusätzlich kann es unserer Meinung nach nicht schaden, zur Stabilisierung stets etwas Gold im Portfolio zu haben. Einen Notanker mit an Bord zu nehmen, ist kein Zeichen übertriebener Angst, sondern das Ergebnis von Erfahrung und rationaler Abwägung.
 

Die PDF wurde uns vom regionalen Wirtschaftsmagazin netzwerk südbaden zur Verfügung gestellt: netzwerk südbaden