• Oktober 2023
  • FVM News

Teures Öl - Geht es wieder los?

Wird der Besuch an der Tankstelle wieder ein Luxusshoppingerlebnis? Oder sollten Eigenheimbesitzer, die noch auf einem leeren Öltank sitzen, lieber jetzt noch kaufen oder ein paar Wochen abwarten?

Von FVM-Geschäftsführer Claus Walter

Die Ölpreise waren einmal die bedeutsamste Stellschraube für das wirtschaftliche Wachstum. Angesichts der Anstrengungen, fossile Energieträger durch klimaneutrale erneuerbare Energien zu ersetzen, schien es so, als wäre es nur noch eine Frage der Zeit, dass das schwarze Gold immer mehr an Bedeutung verlieren würde. De facto ist das aber zumindest hierzulande noch nicht so. Spätestens seit Beginn des Kriegs in der Ukraine ist es offensichtlich, dass die deutsche Wirtschaft und auch die Versorgung der Bevölkerung noch ganz maßgeblich von der Preisentwicklung fossiler Energieträger abhängen. Was bedeutet es also, wenn die Anzeige an der Tankstelle wieder in Richtung zwei Euro plus geht und Heizöltankfüllungen immer teurer werden?

Kein Grund zur Panik
Zunächst ist es nichts besonders Ungewöhnliches, dass der Ölpreis schwankt und gerade im Herbst zum Beispiel Heizöl mit steigender Nachfrage teurer wird. Gleichzeitig hat Russland beschlossen, dass es Diesel zumindest kurzfristig nicht mehr exportiert. Beobachter gehen davon aus, dass der erhöhte Bedarf durch den Krieg sonst zu Schwierigkeiten bei der Betankung von Erntemaschinen im Land führen könnte. Das mündet zwar eigentlich nicht direkt in Preissteigerungen bei uns, da russische Mineralölprodukte von der Sanktionspolitik des Westens angesichts des Ukraineüberfalls betroffen sind. Aber letztlich importieren andere Staaten, etwa Saudi-Arabien die relativ günstigen russischen Produkte, während sie selbst Sprit etwa nach Deutschland exportieren. Fällt dieser Dreieckshandel jetzt weg, steigen letztlich auch bei uns die Preise - Sanktionen hin oder her. Dramatisch ist das im Vergleich zu 2022 alles noch nicht, denn der Ölpreis bewegt sich noch deutlich unter dem Niveau aus dem vergangenen Herbst. Aber bleibt das so?

Heizöl kaufen? Nicht ewig abwarten
Der russische Lieferstopp für Sprit wird wohl vermutlich eher eine Maßnahme für Wochen sein, bis die Ernte eingebracht ist. Es ist gut möglich, dass es dann kurzfristig sogar wieder etwas billiger an der Tankstelle wird und es ein guter Moment sein könnte, den Heizöltank zu füllen. Aber darauf zu spekulieren, dass das schwarze Gold noch in diesem Jahr erheblich günstiger wird, dürfte sich eher nicht lohnen. Denn trotz der dunklen Wolken am globalen Konjunkturhimmelistdie Nachfrage sowohlaus den USA als auch aus China beim Öl bisher stabil und weit davon entfernt einzubrechen. Positiv interpretiert bedeutet das: Die Entwicklung der Weltwirtschaft deutet gerade nicht auf eine Vollbremsung hin, die Öl schlagartig billiger machen würde. Außerdem haben die erdölfördernden Länder der OPEC ihre Produktionsmengen heruntergefahren. Stabile Nachfrage, knapperes Angebot - das spricht klar gegen billigeres Öl, auch wenn niemand die Preisentwicklung mit absoluter Sicherheit vorhersagen kann. Aus unserer Sicht sollten Eigenheimbesitzer, die noch eine klassische Ölheizung haben, nicht ewig abwarten, einen leeren Tank ausreichend zu befüllen, um zumindest durch diesen Winter zu kommen.

Was das für Anleger bedeutet
Deswegen gilt es auch für breit aufgestellte Anleger, die in Anleihen oder Aktien investiert haben, den Ölpreis im Blick zu behalten. Geht er deutlich nach oben, spricht das eher für ein weiter steigendes Zinsniveau und für gedämpfte Stimmung an den Börsen.Allerdings ist es auch nicht mehr ganz so einfach wie früher, als billiges Öl quasi in Wachstum und teures in Konjunkturrückgang umgerechnet werden konnte. Ein zukunftsorientierter Anlagemix berücksichtigt heute schon Bereiche, die unabhängig von fossilen Energieträgern sind. Gleichzeitig gilt es die Realität zu akzeptieren, dass dies noch nicht überall sinnvoll umsetzbar ist und wir uns in einer Phase der Transformation befinden. Es gilt hier, die besten Möglichkeiten in einem Depot zu haben, das mit der heutigen Situation gut zurechtkommt und einen vernünftigen Plan für die Zukunft hat. Solche Investments sind der beste Schutz für Vermögen, gerade wenn die Inflation - nicht zuletzt auch durch relativ hohe Ölpreise - noch länger ein bestimmendes Thema für Anleger bleiben sollte.

 

 

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