• April 2024
  • FVM News

Technologieoffenheit: eMobilität oder eFuels als Investmentidee?

So mancher Hersteller sagt, die Zukunft des Autos sei elektrisch. Aber ist das wirklich die einzige Zukunftsvision oder sollten Investoren besser auch andere Optionen erwägen?

Kolumne von FVM-Geschäftsführer Claus Walter

„Die Zukunft des Autos ist ganz klar elektrisch“, sagte Audi-Chef Gernot Döllner vor ein paar Wochen. Und nicht nur die VW-Tochter sieht das so, auch bei Mercedes setzt man voll auf die eMobilität. Allerdings gibt es wohl sowohl in Ingolstadt als auch in Stuttgart den einen oder anderen Zweifler. Angesichts des global betrachtet eher schwachen Absatzes von Elektroautos wäre es auch ein Wunder, wenn nicht mancher das EU weite Verbrenneraus für 2035 zumindest skeptisch betrachtet. Nach der Förderkürzung schwächelte zuletzt auch der deutsche eAuto-Markt. Bei den Neuzulassungen legen die batterielosen Fahrzeuge klar zu, der Anteil der Verbrenner steigt also wieder. Automarktfachmann Professor Ferdinand Dudenhöffer kommt insgesamt zu einem ganz anderen Schluss als der Audi-Chef: „Der Verbrenner ist für die nächsten hundert Jahre gesichert.“ Aber was stimmt denn nun und auf welche Zukunftsvision sollten Anleger setzen?

Schwierige eBilanz
Ohne Zweifel ist der Klimawandel eine der Bedrohungen für die Zukunft und ihn zu verlangsamen oder gar zu stoppen, wird eine Herkulesaufgabe, gerade in der Fahrzeugbranche. Aber wie das technologisch gelingen kann, darauf sind die Antworten oft bei weitem nicht so eindeutig, wie viele denken. Zum Beispiel rechnete zuletzt Professor Fritz Indra, der einst unter anderem für Audi Motoren entwickelte, wieder einmal vor, dass ein eAuto selbst bei 100 Prozent grünem Strommix etwa 60.000 Kilometer gefahren werden muss, um einen echten CO2-Vorteil gegenüber einem Verbrenner zu haben, wenn der Produktionsaufwand eingerechnet wird. Unter den heutigen Bedingungen, bei denen Strom zumindest zeitweise aus Verbrennungskraftwerken stammt, kippt die Rechnung ganz. Das eAuto erzeugt laut Indras Rechnung im Vergleich sogar mehr CO2 als der klassische Verbrenner. Heißt das, Elektromobilität schadet sogar eher dem Klima, ist damit Unsinn und man sollte sich doch lieber einen Verbrenner als neues Auto kaufen?

Technologieoffenheit? Vielleicht doch keine schlechte Idee
Die Antwort darauf ist gar nicht so einfach. Denn die Bilanz eines eKleinwagens ist eine andere als eines batteriebetriebenen Mehrtonners. Auch der persönliche CO2-Fußabdruck ist positiver, wenn die Batterie hauptsächlich mit der hauseigenen PV-Anlage geladen wird. Und eine neue Akkutechnologie, die zum Beispiel ohne Lithium auf der Basis von Natrium auskommt, würde die Rechnung massiv verbessern. Hinzu kommt, dass es wahrscheinlich in einer deutschen Innenstadt in zehn Jahren vergleichsweise einfach sein dürfte, eine Ladestelle zu finden. Irgendwo in Afrika, Südamerika oder in der asiatischen Steppenlandschaft, wird das wohl auch noch in vielen Jahrzehnten schwierig sein. Aber ist es für die Bekämpfung des Klimawandels überhaupt eine denkbare Alternative, wenn dort Verbrennermotoren weiter die technologische Basis der Mobilität bleiben? Selbst darauf gibt es eine Antwort, die gerne als vorgeschobene Technologieoffenheit von ewig Gestrigen abgetan wird: eFuels. Im Prinzip wird dabei grüner Wasserstoff mit Strom produziert, der zum Beispiel mit Hilfe von Kohlendioxid dann zu einem Treibstoff gewandelt wird, der ähnliche Eigenschaften wie Benzin oder Diesel hat. Der große Vorteil ist, dass Bestandsfahrzeuge weiter CO2-neutral genutzt werden könnten. Der große Nachteil: Derzeit ist die Produktion von eFuels sehr ineffizient. Laut ADAC kann ein Windkraftwerk rund 1600 eAutos mit Strom versorgen, nimmt man den Umweg über eFuels sind es nur noch 250 Fahrzeuge. Die Kritiker sagen zu Recht, das rechnet sich nicht und der für die Produktion benötigte grüne Wasserstoff werde in anderen Bereichen, etwa für die Luftfahrt oder Industrieproduktion, über Jahrzehnte knapp bleiben. Das stimmt aus heutiger Sicht, aber gleichzeitig lässt sich auch beobachten, dass Länder wie Katar nach einem Geschäftsmodell für die Post-Erdölzeit suchen. Im Gegensatz zu Wasserstoff lassen sich eFuels problemlos mit bereits heute vorhandenen Tankern transportieren und auch die selbst in kaum entwickelten Regionen meist vorhandene Tankstelleninfrastruktur kann weiter genutzt werden. Steuern die heutigen Erdölstaaten im großen Stil um, nutzen ihre fast unbegrenzten Finanzkapazitäten und die dort meist hohe Sonneneinstrahlung, könnte sich das Bild innerhalb von wenigen Jahren ändern.

Also eMobilität raus aus dem Depot?
Sind deutsche Hersteller also auf dem Holzweg, mit dem eindeutigen Fokus auf eAutos? Tatsächlich macht es unter Investmentgesichtspunkten Sinn, hier mehrgleisig zu fahren. Und auch die deutschen Hersteller sind da letztlich vielleicht doch nicht ganz so eindeutig auf eKurs. In Ingolstadt will man auch künftig für die Märkte außerhalb der EU Verbrenner bauen und in Stuttgart hat man gerade die eZiele heruntergeschraubt: Auch im Jahr 2030 darf noch jedes zweite Auto vom Band ein Verbrenner sein. Um eine Risikoanhäufung zu vermeiden, ist es sicher auch als Investor schlau, nicht nur auf das Thema eMobilität zu setzen. Denn der Erfolg ist ganz klar abhängig vom politischen Willen und hier wahrscheinlich noch nicht mal primär im eigenen Land oder auf dem europäischen Kontinent. So lange im größten Automarkt China der Fokus weiter auf der eMobilität liegt, unter anderem um die Luftqualität in den vielen Megacitys zu verbessern, werden Hersteller wie BYD die Technologie vorantreiben. Sollte in Peking aber der Wind drehen und statt einem teuren Ausbau von Ladeinfrastruktur in der Fläche der Einsatz von eFuels kostengünstiger erscheinen, könnte das Momentum wechseln. Ob, wann und welche Technologie sich dann auf lange Sicht durchsetzt, kann wahrscheinlich derzeit keiner zu 100 Prozent vorhersagen. Vielleicht muss es auch kein entweder oder geben. Wir setzen nie nur auf eine Branche, eine Technologie oder ein Thema. Um Risiken zu streuen, verteilen wir Investitionen auf viele Schultern und kalkulieren dabei auch immer ein, dass Vorhersagen grundsätzlich mit Unsicherheiten behaftet sind. Unser Ziel ist eine gute Balance zwischen Chancen und Risken zu erreichen, damit die uns anvertrauten Vermögen stabil für die Zukunft positioniert sind.

Die PDF wurde uns vom regionalen Wirtschaftsmagazin netzwerk südbaden zur Verfügung gestellt: netzwerk südbaden